§ 39 Alltagskultur des Rechts und Popular Legal Culture

Literatur: Michael Asimow/Shannon Mader, Law and Popular Culture. A Course Book, Verlag Peter Lang, New York u. a., 2004; Michel de Certeau, Kunst des Handelns, 1988 [Arts de Faire, 1980]; Chase A 1986 Toward a Legal Theory of Popular Culture Wisconsin Law Review 527-569; Patricia Ewick/Susan S. Silbey, The Common Place of Law, The University of Chicago Press, 1998; Lawrence M. Friedman, Law, Lawyer, and Popular Culture, The Yale Law Journal 98, 1989, 1579-1606; Herbert Julius Gans, Popular Culture and High Culture, 2. Aufl., New York 1999; Matthias Kuzina, Der amerikanische Gerichtsfilm, 2000; Stewart Macaulay, Popular Legal Culture: An Introduction, 98, 1989, Yale Law Journal 1545-1558; ders., Images of Law in Everyday Life. The Lessons of School, Entertainment, and Spectator Sports, Law and Society Review 21, 1987, 184-218; Sally Engel Merry, Getting Justice and Getting Even. Legal Consciousness Among Working Class Americans, The University of Chicago Press, 1990; Francis M. Nevins, Law, Lawyers & Justice in Popular Fiction & Film, Humanities Education, 1984, 3-12; Charles J. Ogletree/Austin Sarat (Hg.), Punishment in Popular Culture, New York 2015; Helle Porsdam, Legally Speaking. Contemporary American Culture and the Law University of Massachusetts Press, Amherst 1999; Nicole Rafter, Shots in the Mirror. Crime Films and Society Oxford University Press, New York, 2000; Klaus F. Röhl, Law and Popular Culture: Popular Culture als Media Legal Culture, in: Dieter Strempel/Theo Rasehorn (Hg.), Empirische Rechtssoziologie, Gedenkschrift für Wolfgang Kaupen, 2002, 315-323; Austin Sarat/Thomas R. Kearns (Hg.), Law in Everyday Life, 1993; Austin Sarat., Imagining the Law of the Father: Loss, Dread, and Mourning in The Sweet Hereafter, LSR 34, 2000, 9-46; Richard Sherwin, When the Law Goes Pop, The Vanishing Line between Law and Popular Culture, University of Chicago Press, 2000; ders., Nomos and Cinema, UCLA Law Review 48, 2001, 1519-1543; ders. (Hg.), Popular Culture and Law, 2006 (Reader); Barbara Yngvesson, Inventing Law in Local Settings – Rethinking Popular Legal Culture, Yale Law Journal 98, 1989, 1689-1709; dies., Virtuous Citizens, Disruptive Subjects: Order and Complaint in a New England Court, 1993.

I.  Exkurs: Law and Literature

Literatur: : Benjamin Cardozo, Law and Literature [1925], in: ders., Law and Literature and Other Essays and Addresses, Littleton, Col., 1931; Guyora Binder/Robert Weisberg, Literary Criticisms of Law, Princeton University Press, 2000; Richard Posner, Law and Literature: A Misunderstood Relationship, Harvard University Press, 3. Aufl. 2009; James White Boyd, The Legal Imagination: Studies in the Nature of Legal Thought and Expression, Boston, 1973. Nachtrag: Klaus F. Röhl, Literaturwissenschaft und Rechtstheorie, Rechtstheorie 51, 2020, 413-432

Internetquellen: Stephanie Günthner, Recht sprechen. Urteile schreiben, o. J.; Lorenz Franck, Digitales Fundheft »Literatur und Recht«, 2010; Heft 1/2010 der Online-Zeitschrift ZIS (Zeitschrift für Internationale Strafrechtsdogmatik) steht unter Thema »Recht und Literatur«; Thurgood Marshall Law Library; Zeitschrift »Law & Literature« seit 1989.

»Law and Literature« ist eines der Law & Something-Fächer, die sich in den USA etabliert haben. Bahnbrechend war 1925 ein Aufsatz von Cardozo, in dem er juristische Texte, vor allem Urteilstexte, in die Nähe von Literatur rückte. Einerseits will man mit den Methoden der Literaturkritik Struktur und Rhetorik juristischer Texte entschlüsseln (Recht als Literatur – law as literature = Interpretationsansatz). Andererseits soll das Verständnis für typische Problemlagen des Rechts vertieft werden, indem ihre Behandlung in der (schöngeistigen) Literatur heran gezogen wird (Recht in der Literatur – law in literature = Verständnisansatz). Tatsächlich hat jeder halbwegs gebildete Jurist Kafkas »Prozeß« gelesen und ihn als Warnung verstanden, wie leicht Recht und Prozess zum Selbstzweck werden und dem Bürger die ihm gebührende Rolle verweigern. Dieser zweite Gesichtspunkt war und ist in Deutschland vorherrschend. Er zeigt sich etwa in jährlichen Themenheften der NJW oder in der Beitragsserie von Bodo Pieroth »Das juristische Studium im literarischen Zeugnis« in der Zeitschrift »Juristische Ausbildung« (Jura). Der Verständnisansatz lässt sich leicht auf das Verhältnis von Recht und (bildender) Kunst und sogar auf »Recht und Musik« übertragen. Einen dritten Gesichtspunkt wählt der Narrationsansatz, der auf die Wirkmächtigkeit kleiner und großer »Erzählungen« in Theorie und Praxis des Rechts hinweist.

Gelegentlich wird unter dem Titel »Recht und Literatur« auch das Thema »Literatur im Recht« behandelt. Dazu gehören besonders das Urheberrecht und die Frage nach den Grenzen, die literarischen Äußerungen durch das Strafrecht und die Persönlichkeitsrechte Dritter gezogen werden. Das ist aber ein konventionelles juristisches Thema.

Eine großartige Gesamtdarstellung von »Law und Literature« bietet Richard Posner. Während er in der ersten Auflage seines Buches von 1988 noch meinte, Literaturheorie und Jurisprudenz hätten nicht mehr miteinander gemeinsam als den Begriff »Interpretation«, heißt es in der dritten Auflage von 2009 (S. 6): »I have come to praise Ceasar, not to bury him. Law and literature is a rich and promising field.« Das hindert ihn freilich nicht, am Beispiel der Bände von Binder/Weisberg und Dolin die Weltverbesserungsideen dieser und anderer Autoren heftig zu kritisieren und vor der Gefahr der »attractiveness of interdisciplinarity to weak scholars as a method of concealing weakness« (S. 7) zu warnen. Die juristische Methodenlehre hat insbesondere Arbeiten des Literaturwissenschaftlers Stanley Fish aufzunehmen versucht, ohne daraus allerdings entscheidend Neues zu lernen (Röhl/Röhl, Allg, Rechtslehre, S. 119). Wichtiger ist die mittelbare Bedeutung von Literatur (und Kunst in allen ihren Formen) durch ihren Einfluss auf das Rechtsbewusstsein. Drei Angriffspunkte verdienen Erwähnung:

  • Literatur ist mehr oder weniger vom Gerechtigkeitsmotiv durchdrungen.
  • Das Recht kann die Verschiedenheit und damit die individuelle Identität aller Menschen nur abstrakt postulieren, denn sonst müsste es Inhalte zuteilen und würde damit die Individualität zerstören. Literatur und Kunst machen dagegen die Vorstellung von der Verschiedenheit aller Menschen konkret und lebendig.
  • Das Recht scheitert nicht selten bei der Lösung moralischer Probleme, darf aber sein Scheitern nicht zugeben. Literatur dagegen zeigt, dass tragisches Scheitern unvermeidlich ist.

Wieweit Literatur damit zur Bewusstseinsbildung bei Juristen und Laien beiträgt, lässt sich schwer einschätzen.

Die Law-and-Literature-Bewegung hat maßgeblich dazu beigetragen, die Bedeutung von Narrativen für das Rechtsgeschehen wahrzunehmen. James Boyd White hat wohl erst erster deutlich den Unterschied zwischen Narration und Argumentation formuliert:

»I think a fundamental distinction can be drawn between the mind that tells a story and the mind that gives reasons: one finds its meaning in representations of events as they occur in time, in imagined experience; the other in systematic or theoretical explanations, in the exposition of conceptual order or structure. One is given to narrative, the other to analysis.«

Das Recht steht vor der Aufgabe, diese beiden Diskursarten, die erzählerische und die analytische, die oft gegeneinander arbeiten, im Interesse des Ganzen zusammenzubringen. Am Rande der Rechtssoziologie wird das Recht als Literatur mit mikrosoziologischen Methoden und teilweise mit Anleihen bei Literaturtheorie und Literaturkritik behandelt.

II. Volkskultur und Alltagskultur

Ein altes Spezialfach zwischen Rechtsgeschichte und Rechtssoziologie ist die »Rechtliche Volkskunde«. Sie befasst sich mit der Alltagskultur des Rechts.

Die Volkskunde[1] war Vorläufer der modernen Kulturwissenschaft. Volkskunde als Begriff kam um 1800 im Verwaltungsschrifttum des aufgeklärten Absolutismus auf und wurde von Statistikern, Geographen und Reiseschriftstellern verwendet. Man verstand darunter eine empirische Charakter-, Menschen- und Völkerkunde. »Volk« war nicht mehr als Land und Leute. Als Begründer einer wissenschaftlichen Volkskunde gilt Wilhelm Heinrich Riehl. Von ihm erschienen 1851-54 eine »Naturgeschichte des Volkes als Grundlage einer deutschen Social-Politik« in drei Bänden sowie 1853 das Buch »Land und Leute (Volkskundliche Studien)«. Der Volksbegriff war jedoch von der Romantik mit literarischen, psychologischen und nationalen Konnotationen befrachtet worden. Savigny sprach vom »Volksgeist« als Schöpfer des Rechts, und die Brüder Grimm sammelten Volkslieder und Volksmärchen. Den Nationalsozialisten fiel es nicht schwer, die Volkskunde auf eine »rassische Grundlage« zu stellen. Von diesem Missbrauch hat sich das Fach nach dem Kriege erst erholt, nachdem es »Abschied vom Volksleben« (Bausinger) genommen hatte. Der Themenschwerpunkt verschob sich vom »Volk« auf Lebenswelt, Alltag und Kultur. An die Stelle der Volkskunde trat eine empirische Kulturwissenschaft, Kulturanthropologie oder Europäische Ethnologie.

Es gab auch eine »Rechtliche Volkskunde«. In Österreich und der Schweiz pflegt man sie bis heute. Sie ist jedoch rückwärtsgewandt und in die Nähe der Rechtsarchäologie und (historischen) Rechtsikonographie gerückt.[2] Sie interessiert sich vor allem für den rechtlichen Gehalt alter Sagen, für rechtliches Brauchtum, sucht in der Kriminalgeschichte oder nach dem »Recht der kleinen Leute«[3]. Volkskunde und Ethnologie betreiben dasselbe Geschäft. Aber die Volkskunde befasst sich mit der eigenen Kultur, die Ethnologie mit fremden Kulturen. Nachdem der Ethnologie die fremden Kulturen ausgegangen sind, macht sie heute der Volkskunde das Geschäft streitig und wendet ihren Blick auch nach innen.

Die Alltagskultur und als ihr Teil implizite Rechtsvorstellungen werden an vielen Orten und bei vielen Gelegenheiten geformt, in Nachbarschaften und Familien, in der Schule umd beim Sport, am Arbeitsplatz oder bei Begegnungen mit der Bürokratie (Macaulay 1987). Vor allem aber sind die Massenmedien Spiegel und Lehrmeister der Alltagskultur. Im Alltag herrschen Werte und Normen. Was immer geschieht, wird als richtig oder falsch, als Recht oder Unrecht sortiert. Den Institutionen des offiziellen Rechts wird ihre Bedeutung durch einen Strom von Erzählungen zugewiesen.

Der Volkskundler Hans Naumann (1886-1951) wurde bekannt durch seine Theorie vom »abgesunkenen Kulturgut«, die These nämlich, dass die Unterschichten die Oberschichten kopieren.[4] Unter dem Einfluss der Medien und der Konsumindustrie ist Volkskultur zu Massenkultur geworden. Sitte und Gewohnheit (folk culture) wuchsen mehr oder weniger von unten (grass root culture). Heute besteht die Alltagskultur weitgehend aus Inhalten, die von Professionellen für das Publikum aufbereitet werden. Alltagskultur ist daher weniger die Kultur des Volkes und auch nicht bloß abgesunkene Hochkultur als vielmehr Kultur für das Volk. Das könnte auch für die Rechtskultur gelten. Deshalb stellt sich für die populäre Rechtskultur[5] dieselbe Frage wie für die Geschmackskultur:

»Is popular culture something that is created in New York and Hollywood by skilled profit-seeking enterprises which have enough of monopoly over the supply of entertainment and information that they can impose almost anything they will sell …? Or are these enterprises themselves often unwitting agents of a culture in the anthropological sense, of a shared set of values or norms that they must try to express if they are to attract an audience and make their profits?« (Gans, 1999, XIII)

Und auch die vorläufige Antwort fällt ähnlich aus:

»The mass media, and perhaps all of the commercial popular culture, are often engaged in a guessing game, trying to figure out what people want, or rather, what they will accept … the media executives who become successful by guessing correctly can often sense what an audience will accept, and frequently they are so firmly embedded themselves in the popular culture to which they are adding that they are ›representatives‹ of the audience, even if they may also be tough-minded and cynical businessmen and women at the same time.« (Gans, 1999, XIII-XIV)

Ursprünglich war alle Rechtskultur eine Volks- oder Alltagskultur. In vormodernen staatenlosen Gesellschaften gab es keine Normgebung, sondern nur Konfliktregelung. Sie spielte sich in einer symbolischen Welt von Vermittlung, Ritual oder Gottesurteil ab, ohne Gesetze, Gerichte oder Juristen. In der modernen Gesellschaft hat das offizielle Recht mit seinen institutionalisierten Formen der sozialen Ordnung das gesellschaftliche Recht ersetzt. Nur Reste sind geblieben.

Eine genuine Volkskultur gibt es wohl nur (noch?) in Überbleibseln und Einsprengseln. Illegale Praktiken wie Duell oder Ehrenmord sind ebenso Rechtsgeschichte wie die »fencing laws« in Australien.[6] Die Beobachtung von Ewick und Silbey (S. 21), dass während des Winters in einigen Staaten der USA in bestimmten Gegenden ein alter Stuhl in einem vom Schnee freigeschaufelten Parkplatz als Anspruch auf eine bestimmte Art des Eigentums verstanden wird, erscheint als nostalgisches Idyll.

Während in einfachen Stammesgesellschaften Konfliktregelung und Recht mehr oder weniger identisch waren, gibt es in modernen westlichen Gesellschaften praktisch keine Alltagskultur der Konfliktregelung mehr. Versuche, Konfliktregelung von unten durch Nachbarschaftszentren oder durch eine in der lokalen Gemeinschaft basierte Mediation neu zu beleben, sind gescheitert. Soweit Programme zu alternativen Konfliktregelung überhaupt erfolgreich sind, sind sie künstlich von oben eingeführt und mit dem offiziellen Justizsystem verbunden.

Die Alltagskultur des Rechts lebt nicht in Regeln, Sitten und Gebräuchen, sondern in Geschichten (narratives), die, mehr oder weniger verzerrt, das offizielle Rechtssystem zitieren. Die offizielle Rechtskultur wird durch das geschriebene Wort beherrscht. Alltagskultur ist dagegen mündlich und stärker visuell. Für das Publikum wird das Recht in erster Linie durch Requisiten, Rituale und Rollen verkörpert. Die wichtigsten Requisiten sind Gerichtsgebäude und Gefängnisse, Roben und Perücken, Polizeiautos und Handschellen. Die typische Sitzordnung im Gerichtssaal, Vernehmungen und Plädoyers dienen als Ritual. Das Recht wird lebendig durch prominente Rollen, durch Anwälte und Richter, Geschworene und Sheriffs, Gefängnisaufseher und Henker. Der Film und die elektronischen Medien bedienen die Nachfrage des Publikums nach Bildern.

Wer als Jurist den Alltag der Menschen beobachtet, kann mehr oder weniger jede Handlung rechtlich klassifizieren. Das Publikum dagegen betrachtet das alltägliche Verhalten normalerweise nicht als rechtlich relevant. Der Alltag spielt sich jenseits des offiziellen Rechts in einer Sphäre der Selbstverständlichkeit ab, die das Handeln lenkt und ihm Sinn verleiht. Die Alltagskultur zeigt Distanz zum offiziellen Recht nicht nur, indem sie seine Funktionäre verspottet, sondern durch eine tiefe Skepsis gegenüber der Fähigkeit des Rechts, Gerechtigkeit herzustellen und in einer starken Abneigung gegen den Gebrauch von Juristen und Gerichten zur Lösung persönlicher Probleme (Macaulay 1987:187). Aus der Lehnstuhlperspektive beobachtet man das Recht mit ironischer Distanz. Doch gleichzeitig durchdringt das Gerechtigkeitsmotiv den gesamten Alltag. Die sozialpsychologische Gerechtigkeitsforschung (o. § 27) zeigt einen großen Vorrat von Gesichtspunkten, mit deren Hilfe in allen möglichen Situationen ein Austausch als fair oder gerecht beurteilt wird. Ein rechtsnahes Vokabular dient zur Rechtfertigung von Handlungen.

Die Einstellungen zum Gebrauch von Recht bei persönlichen Problemen sind komplex und können auf den ersten Blick widersprüchlich wirken. Zwar erscheint das (offizielle) Recht dem Publikum als eine starke Ressource, und es hält die Inanspruchnahme von Gerichten durchaus für ein adäquates Mittel, um mit Konflikten umzugehen. Aber diese Einstellung hält nur solange vor, wie man selbst sich als Beobachter fühlt: Gerichte sind gut für anderer Leute Konflikte. Persönlich würden die meisten Menschen ein Gericht nur bemühen, wenn sie in die Enge getrieben werden. Tatsächlich nehmen aber doch so viele Menschen die Gerichte in Anspruch, dass die Justiz über eine Prozessflut klagt und Sozialwissenschaftler solche Streitlust mit dem Rückgang informeller sozialer Kontrollen zu erklären versuchen. Es ist indessen kaum allein der Zusammenbruch traditioneller Autoritäten wie Familie, Kirche und Nachbarschaft, der den Weg zum Gericht öffnet, sondern die Kombination einer spezifischen Version von Individualismus und dem Fehlen einer Alternative im Falle des Konflikts.

Die Bereitschaft, Rechtsberatung und Gerichte auch für persönliche Probleme in Anspruch zu nehmen, wird durch spezifische Auslöser gefördert. Streit oder ein unvorhergesehener Verlust lösen ein Gefühl der Anspruchsberechtigung aus. Konflikt entsteht, wenn Erwartungen darüber, was natürlich, normal oder recht ist, enttäuscht werden. Diese Erwartungen wiederum werden durch implizite Rechtsvorstellungen der Alltagskultur geformt. Menschen, die zum ersten Mal mit den offiziellen Institutionen des Rechts in Berührung kommen, bringen Erwartungen mit, die sie vor allem aus den visuellen Massenmedien gelernt haben. Jedermann weiß, wie man sich in einem Gerichtssaal verhält. Die Medien haben das Publikum and die amerikanische Form des adversarischen Verfahrens gewöhnt. Wenn jemand dann tatsächlich die Einladung des Rechtssystems ernst nimmt, hofft er auf seinen Tag im Gericht. Aber er trifft nicht selten auf Richter, Anwälte und Beamte, die persönliche Konflikte für als lästigen Kleinkram (garbage cases) ansehen und versuchen, sie in alternative Bahnen der Konfliktregelung wie Mediation oder Therapie umzuleiten (Merry, S. 179).

III. Popular Legal Culture als Quelle der Alltagskultur

Recht war schon immer ein Thema für Kunst und Literatur, nicht zuletzt für Trivialliteratur in Gestalt von Kriminalromanen. Heute ist Recht zu einem bevorzugten Thema von Film und Fernsehen geworden. In der Folge werden die Publikumsvorstellungen über das Recht von den Verbreitungsmedien geprägt und damit nicht zuletzt von den Bildern, die die Medien überall mit sich führen. »Popular legal culture is media legal culture.« Gegenstück zur popular legal culture wäre dann das offizielle Recht, und es schließt sich die Frage an, ob und wie das offizielle Recht, so wie es von Professionellen verwaltet wird, wiederum Einflüsse aus der popular legal culture aufnimmt.

Die moderne Populärkultur wird durch Musik und Bilder geprägt, zwei Medien, die dem offiziellen Recht fremd sind. Vilém Fluser hat den Verlust sprachgebundener Kulturen zugunsten einer globalen Kultur der Bilder diagnostiziert. Die Sprache habe sukzessiv an Wichtigkeit verloren; Bilder seien im gleichen Maße wichtiger geworden.[7] Als Folge seien die nationalen Kulturen »verwässert«; es sei eine eigentümliche Massenkultur entstanden, für welche nationale Grenzen ihre Bedeutung verloren hätten. Die Rolle der Musik ist noch schwieriger zu erfassen als diejenige der Bilder.

1986 hat Stewart Macaulay als Präsident der Law & Society Association auf der Jahrestagung in Chicago eine (immer noch lesenswerten) Rede über »Images of Law in Everyday Life« gehalten und die Rechtssoziologen dazu aufgerufen, ihren Untersuchungsbereich auf Institutionen des Alltags wie Schule und Sport und auf die Massenmedien zu erweitern, denen die Menschen ihre Rechtsvorstellungen entnehmen. Seit dieser Zeit ist »Popular Legal Culture« zu einem Standardthema der Rechtssoziologie geworden.

IV.   Das Bild des Rechts in den Medien

Literatur: Michael McCann/William Haltom, Ordinary Heroes vs. Failed Lawyers—Public Interest Litigation in Erin Brockovich and Other Contemporary Films, Law & Social Inquiry 33, 1043-1070; Marc Galanter, The Media as Legal Institution, in: Jürgen Brand/Dieter Strempel (Hg.), Soziologie des Rechts, Festschrift für Erhard Blankenburg 1998, 169-173; Stefan Machura, Media Influence on the Perception of the Legal System, in: Knut Papendorf u. a. (Hg.), Understanding Law in Society, Berlin 2011, 239-283.

Rechtsthemen haben einen großen Platz in der Alltagskultur. Besonders Verbrechen und Strafverfahren eignen sich für die Massenmedien, wo sie sich gut verkaufen lassen und einen hohen emotionalen und Unterhaltungswert garantieren. Der Gerichtssaal bietet eine Bühne, auf der kulturelle Konflikte und Ängste symbolisch ausgelebt werden können. Durch das Auftreten gegnerischer Parteien wird er zum Schlachtfeld für kontroverse Vorstellungen von richtig und falsch. Der Zuschauer kann sich auf moralische Probleme einlassen, für die es am Ende eine beruhigend klare Lösung gibt. Er kann es genießen, andere leiden zu sehen; er kann sich mit einem charismatischen und starken Helden identifizieren; er kann seine Strafphantasien ausleben oder sich als Rebell fühlen und sich beruhigen, wenn am Ende Wahrheit und Gerechtigkeit siegen. Der unstillbare Durst der Medien nach Inhalten hat im Recht eine unerschöpfliche Quelle gefunden.

Jedes Format, das die Medien verwenden, kann implizit rechtlichen Gehalt transportieren, selbst Musik, Sport oder Werbung. Amerikanische Unterhaltung, die noch immer den Markt beherrscht, steckt voller kultureller Werte (oder Mythen), die für Menschen überall in der Welt attraktiv zu sein scheinen: Freiheit und Gleichheit, Wohlstand, Selbstbestimmung und Optimismus. Ihre enorme Anziehungskraft entfalten solche Konzepte nicht zuletzt durch Kriminal-, Gerichts- und Anwaltsfilme, die auch für ein internationales Publikum verständlich und attraktiv sind.

Ausdrücklich nehmen die Medien nicht nur in Nachrichten und Informationssendungen, sondern auch in der Unterhaltung auf Recht Bezug. Verbrechen, Detektive oder Polizei, Anwälte und Gerichte spielen in Film und Fernsehen eine herausragende Rolle. Eine ganze Reihe von speziellen Formaten zeigt Rechtsvorgänge, Personen oder Situationen mit juristischem Bezug, oft gar nicht als Hauptthema, sondern nur als Hintergrund oder Handlungsgerüst. Einige Gerichtsfilme sind zu Filmklassikern geworden (z. B. »Witness for the Prosecution«, USA 1957, Billy Wilder).[8] In Fernsehserien sind die Detektive und Polizisten zum Teil durch Anwälte abgelöst worden. (z. B. »L. A. Law« in den USA, »Liebling Kreuzberg« in Deutschland). Gerichtsshows basieren vielfach auf originalen Prozessen (z. B. »Peoples Court« in den USA, »Richterin Barbara Salesch« in Deutschland). Ratgeberprogramme behandeln ausgewählte Rechtsprobleme. Neben Dokumentarfilmen haben sich Dokudramas etabliert, die reale Vorgänge rekonstruieren. In den USA berichtet seit über 30 Jahren ein Fernsehsender kontinuierlich über Gerichtsverfahren.[9] Es fehlt an Untersuchungen, die die Behandlung von Rechtsthemen in Film und Fernsehen quantifizieren. Es scheint so, als ob insoweit Anwälte und Gerichte sogar Ärzte und Hospitäler noch übertreffen.

Niemand würde von den Massenmedien und ein unverzerrtes, ausgewogenes Bild des Rechts erwarten. Was die Medien über das Recht und seine Verfahren erzählen, ist bruchstückhaft und vereinfachend. Es ist manchmal widersprüchlich, irreführend oder sogar falsch. Systematische Verzerrungen gehen auf das Konto der besonderen Bedürfnisse und Produktionsbedingungen der Medien, aber auch auf Erwartungen darüber, was dem Publikum gefällt.

Medien sehen in erster Linie auf die Neuheit und den Unterhaltungswert eines Stoffes. Routinearbeit hat selten die Chance, auf dem Bildschirm zu erscheinen. Entsprechend den Erwartungen des Publikums bieten die Medien in erster Linie strafrechtliche Stoffe. Täter sind überwiegend Männer, in den USA Weiße, in Westeuropa Inländer, und zwar Geschäftsleute oder Berufsverbrecher. Frauen betrügen oder töten jedoch immer noch weit mehr als nach der Statistik anzunehmen. Obwohl der Film eigentlich ein ideales Werkzeug wäre, um, etwa durch Rückblenden, die psychischen oder sozialen Ursachen des Verbrechens zu beleuchten, wird die Tat gewöhnlich ohne biographische oder soziale Einbettung gezeigt. Nur wenige ehrgeizige Filme spiegeln (und befestigen damit) die kriminologischen Theorien aus der Zeit ihrer Entstehung (Rafter, S. 48). Auf diesem Wege findet etwa Lombrosos Theorie vom geborenen Verbrecher ihren Weg auf den Bildschirm, denn solche Kriminalanthropologie lässt sich am leichtesten in einen visuellen Code übersetzen (Rafter, S. 51). Ein anderes Beispiel, wie das Medium den Inhalt formt, ist die Betonung objektiver Beweismittel für den Ausgang des Verfahrens, denn »Fakten« lassen sich bildlich gut darstellen (Kuzina, S. 277). Die Aufmerksamkeit für Fehlurteile ist übertrieben. Dagegen wird die Rolle der Gerichte bei der Rechtsfortbildung vernachlässigt (Friedman 1989, S. 1604).

Mit ihrem Angebot greifen die Medien auf das narrative Element der Alltagskultur zurück. Sie bauen auf wiedererkennbare Geschichten, auf typische Charaktere, Konflikte und Lösungen. Bekannte Muster verhelfen zu dem Vergnügen, dass sich mit der Variation des Vertrauten bietet (Rafter, S. 9). Probleme haben ihr Ursache eher in bösen Menschen als in der Gesellschaft und ihren Institutionen, und sie werden durch besonders tapfere und tüchtige Personen ausgeräumt. Die Darstellung von Rechtsanwälten und Richtern fällt ambivalent aus. Rechtsanwälte sind gelegentlich Helden, aber häufig auch geldgierig und skrupellos. Die Jury kommt auch für amerikanische Verhältnisse zu oft ins Spiel. Dem vermuteten Publikumsgeschmack entspricht der Standardplot, bei dem Förmlichkeiten des Verfahrens ein gerechtes Urteil verhindern; erst ihre Umgehung ermöglicht ein gerechtes Urteil. Nicht selten greift der Held zur Drohungen, schmutzigen Tricks oder gar Gewalt und bestätigt damit den amerikanischen Mythos, dass Gewalt für eine gute Sache gerechfertigt sei. So wird insgesamt ein grob vereinfachtes Bild gezeichnet: Das Leben ist ein großer moralischer Kampf zwischen Helden und Räubern, Heiligen und Sündern und in neuerer Zeit zwischen David und Goliath.

V.   Zum Einfluss der Medien auf die Alltagskultur

Alle Aussagen über den Einfluss der Medien auf die Alltagskultur sind bloß tentativ und unscharf. Immerhin ist die Ansicht weit verbreitet, dass die Medien eine zentrale Rolle bei der Formung des Weltverständnisses spielen und den Menschen helfen, zwischen Gut und Böse, erwünscht und unerwünscht, erlaubt und unerlaubt zu unterscheiden, und so auf die Bedeutungen einwirken, von denen sich Einzelne und Gruppen in ihren Alltagsbegegnungen und bei Konflikten leiten lassen. Es gibt eine Dauerdiskussion zu der Frage, ob Gewaltdarstellungen in den Medien ihrerseits Gewalt auslösen (o. § XXX). Es gibt auch eine gewisse Besorgnis, dass Fernsehproduktionen wie »Big Brother« das Gefühl für Privatheit beeinträchtigen könnten.

Gerichtsverhandlungen symbolisieren das Recht als die ultimative Autorität des Staates. Da nur wenige Menschen tatsächlich eine Gerichtsverhandlung besuchen können, muss die mediale Darstellung die Realität ersetzen. Dieselben Medien stellen aber Autoritäten in Zweifel und verbreiten Skepsis hinsichtlich der Idee, dass abstrakte Gesetze tatsächlich rechtliche Entscheidungen lenken. Jeder Wissenschaftler weiß, dass solche Skepsis durchaus begründet ist. Die Gründe jedoch, mit denen die Medien Zweifel sähen, sind ganz andere als in der Tradition des Legal Realism. Die Alltagskultur lebt mit der Vorstellung, dass Gesetze eine klare Bedeutung haben. Für das Publikum ist es nicht die unabdingbare Interpretationsfähigkeit aller Texte, sondern es sind Korruption und die Gier der Funktionäre, die das Recht verderben.

Die zentrale Botschaft der Medien an das Publikum ist ambivalent. Auf der einen Seite verstärken die Medien die Skepsis an der Fähigkeit des Rechtssystems, für Gerechtigkeit zu sorgen. Gleichzeit versichern sie dem Publikum aber, dass die Gesellschaft und ihr Rechtssystem trotz vieler Fehler gerettet werden kann (Rafter, S. 9). Psychologen wissen, dass Vorstellungswelten (belief systems) die gewöhnlich als sicher und widerspruchsfrei gelten, tatsächlich widersprüchliche Annahmen und ungelöste ideologische Spannungen enthalten können. Solche Widersprüche scheinen geradezu funktional zu sein. Ideologische Dilemmata geben erst die Möglichkeit zu situationsadäquaten Anpassungen.[10] Das zwittrige Bild des Rechts in der Alltagskultur könnte daher eher eine Stärke als eine Schwäche sein.

Die Medien stehen unter Beobachtung und daher achten sie im Allgemeinen auf politische Korrektheit und bemühen sich, Diskriminierungen zu vermeiden. Für die Medien hat alles, was anders ist, Neuheits- und Unterhaltungswert. Das hat zur Folge, dass sie gerne Minderheiten oder Subkulturen mit einer Präferenz für ungewöhnliches Sexualverhalten abbilden. Obwohl das nicht selten mit unterschwelliger Diskriminierung verbunden ist, gewöhnt sich das Publikum doch an die Vielfalt der Lebensstile als etwas Normales. Auf diese Weise verbreiten die Medien einen tiefgreifenden Pluralismus (Friedman 1989, S. 1591). In jüngerer Zeit betreiben die Medien auch betont, was man affirmative action nennt. In Deutschland gibt es kaum noch einen Kriminalfilm, in dem nicht der Kommissar eine Kommissarin ist. Vor allem die öffentlich-rechtlichen Sender zeigen betont Sprecher und Schauspieler mit Migrationshintergrund.

VI. Der Einfluss der Alltagskultur auf das Recht

Juristen betonen oft, wie wichtig es sei, dass das Recht vom Publikum akzeptiert werde. Auf der anderen Seite gilt das Recht als ein Bereich sozialer Rationalität, der keinen Eingang für die Alltagskultur kennt. Obwohl die Einstellung der Bevölkerung zum Recht mit großem Aufwand untersucht worden ist, bleibt das Rechtsystem von den Überzeugungen des Publikums doch weitgehend unberührt. Die Verwendung von Film und Literatur in der Juristenausbildung[11] öffnet nur eine kleine Hintertür.

Auf längere Sicht kann das Recht sich den Kräften und Konflikten der allgemeinen Kultur jedoch nicht entziehen. Friedman hat darauf hingewiesen, dass Medien und Alltag ein Anspruchsdenken pflegen, das das offizielle Rechtssystem nicht unberührt lässt. Die Alltagskultur dient ferner als Verbindungsglied, welches das Recht an technische Entwicklungen wie Telefon und Computer oder and soziale Veränderungen wie die Urbanisierung oder die sexuelle Revolution ankoppelt. Dahinter steht die Idee, dass technischer oder sozialer Wandel zuerst die Alltagskultur beeinflusst.

»The germ theory of disease alters the way people feel about disease and their understanding of disease. They see disease, and the chance of curing it, in an radically different light. Out of this new consciousness flow demands, some of them addressed to the legal system; and at the end of a string of events we find laws creating boards of health, laws mandating vaccination, food and drug laws, and so on.« (Friedman 1989, S. 1579).

Ähnlich hat die physische Mobilität, die durch das Auto hergestellt wurde, viel zum Verständnis der Menschen als Individuen beigetragen und als Entsprechung dazu zu einem rechtlichen Anspruchsbewusstsein. »A chain of events led from the invention of the automobile to the living law of torts of the 1980’s.« (Friedman 1989, S. 1587).

Auch die Umsetzung von Rechtsnormen in konkretes Verhalten wird durch die Alltagskultur geprägt. Die Funktionäre des Rechtsystems reagieren auf konkrete Situationen auf der Grundlage ihrer Alltagserfahrungen, die durch eine professionelle Ausbildung nicht ausgelöscht wird. Die Art und Weise, in der in der Alltagskultur Verbrechen konstruiert werden, beeinflusst bis zu einem gewissen Grade auch da Verhalten von Polizisten und Laienrichtern. Selbst professionelle Juristen greifen auf Alltagsvorstellungen über das, was als normal erwartet wird, zurück, wenn sie Ermessenspielräume ausfüllen.

Die Medien treffen auf ein versiertes Publikum, das gewöhnlich weiß, ob es sich nur um eine Show handelt. Aber die Grenze zwischen Realität und Fiktion ist selbst ins Schwimmen geraten. Die Medien beziehen sich auf Themen, die ihrerseits von Medien erfunden wurden, und manchmal werden Verbrechen unter Beobachtung von Medien begangen. Sherwin (2000, S. 248) gibt einen pessimistischen Ausblick mit der These, dass das Verschwinden der Grenze zwischen dem Recht und der Alltagskultur zu einer Legitimitätskrise des Rechts führen könnte.


[1] Vgl. dazu den entsprechenden Artikel in Wikipedia sowie Helmut Klemm, Gesenkten Hauptes. Die Volkskunde ringt immer noch um ihr Profil, FAZ vom 5. 1. 2005, S. N 3.

[2] Karl-Sigismund: Kramer, Grundriß einer rechtlichen Volkskunde, Göttingen 1974; Herbert Schempf, Artikel »Rechtliche Volkskunde« in Rolf W. Brednich (Hg.), Grundriß der Volkskunde, Einführung in die Forschungsfelder der europäischen Ethnologie:, 3. Aufl. 2001, 423-444. Die Online-Ausgabe der Internationalen Volkskundlichen Bibliographie (IVB: http://www.evifa.de/) verzeichnet in der Rubrik Rechtliche Volkskunde: Allgemeines für die zeit von 1985 bis 1998 immerhin 64 Titel, unter »Einzelnes« sind es sogar 1288. Es gab eine von Louis Carlen herausgegebene Schriftenreihe »Forschungen zur Rechtsarchäologie und Rechtlichen Volkskunde«, in der u. a. regelmäßig die Referate der Tagungen der »Internationalen Gesellschaft für Rechtliche Volkskunde« publiziert wurden. Seit 2008 erscheint eine Fortsetzung unter dem Titel »SIGNA IVRIS. Beiträge zur Rechtsikonographie, Rechtsarchäologie und Rechtlichen Volkskunde«..

[3] Konrad Koestlin (Hg.), Das Recht der kleinen Leute. Beiträge zur rechtlichen Volkskunde; Festschrift für Karl-Sigismund Kramer zum 60. Geburtstag, 1976; Paul Henseler, Vom Recht der kleinen Leute. Die Nachbarbücher der ehemaligen Honschaften des Stadtgebietes von Sankt Augustin, 1990; Klaus Schriewer, Das Recht der kleinen Leute – Theoretische Probleme der Feldforschung, in: Andreas Kuntz (Hg.), Lokale und biographische Erfahrungen, 1995, 77-87.

[4] Hans Naumann, Primitive Gemeinschaftskultur, 1921; Grundzüge der deutschen Volkskunde, 1922.

[5] Der Umgang mit den Begriffen ist nicht ganz einfach. Vgl. dazu. Wie übersetzt man »Popular Legal Culture«? auf Rsozblog (=SIGNA JURIS Bd. 1, 2008, S. 173f).

[6] Peter Karsten, Cows in the Corn, Pigs in the Garden, and »the Problem of Social Costs«: »High« and »Low« Legal Cultures of the British Diaspora Lands in the 17th, 18th, and 19th Centuries Law and Society Review 32, 1998, 63-92.

[7] Vilém Flusser, Die Informationsgesellschaft als Regenwurm, in: Gert Kaiser (Hg.), Kultur und Technik im 21. Jahrhundert, 1993, 69-80.

[8] Eine lange Liste einschlägiger englischsprachiger Filme bei Asimow/Mader S. 256-263.

[9] Ronald L. Goldfarb, TV or not TV. Television, Justice, and the Courts, New York University Press, New York 1998.

[10] Michael Billig, Ideological Dilemmas, Sage, London 1988.

[11] Michael Asimow/Shannon Mader, Law and Popular Culture. A Course Book, 2004; Angela Busse, Neue Ideen für ein ganzheitliches Lernen, JuS-Magazin 1/2008, 8-10 und 2/2008, 16-21. Von mehreren Aufenthalten an der St. Louis University School of Law (Miss., USA) hatte ich von Francis M. Nevins die Idee zu Seminaren über »Recht und Film« mitgebracht. Nevins hielt in St. Louis als Professor of Law Vorlesungen über Urheberrecht, Familienrecht und Erbrecht. Aber er war auch Testamentsvollstrecker des über die USA hinaus bekannten Kriminalschriftstellers Cornell Woolrich und hat auch selbst beachtliche Kriminalromane geschrieben. Vor allem aber entwickelte er sich zum Cineasten, der sich mit Kennerschaft eine großartige Sammlung von Gerichts- und Kriminalfilmen aufbaute. Nach seinem Vorbild haben wir seit dem Sommersemester 1995 bis zu meiner Emeritierung 2003 an der Ruhr-Universität regelmäßig Seminare über »Recht und Film« für Juristen und Medienwissenschaftler angeboten. Eine solche Veranstaltung verlangt auf Seiten des Dozenten ein erhebliches Maß an Medienkompetenz und Kennerschaft, weshalb ich die Veranstaltung meinen Mitarbeitern (Stefan Machura, Stefan Ulbrich und später auch Michael Böhnke) überlassen hatte. In jeweils vierstündigen Sitzungen wurde einleitend ein Film gezeigt und dann diskutiert. Die Analyse erstreckte sich auf film- und medienwissenschaftliche, soziologische und juristische Aspekte, die der Film aufwarf. Sie wurde jeweils durch ein studentisches Referat eingeleitet. Es hat sich herausgestellt, dass in dieser Veranstaltung überdurchschnittlich gute studentische Arbeiten entstanden und sachlich ergiebig diskutiert wurde, ein Beleg für die Anstoßwirkung, die von Bildern ausgehen kann. Die Veranstalter hat das Seminar zu einer ganzen Serie wissenschaftlicher Arbeiten angeregt. Bisher hat dieser Veranstaltungstyp, soweit ich sehe, jedoch keine Nachfolge gefunden.